Freitag, 19. August 2011

Let it Snow

concept for public art

Neubau
einer Eissporthalle mit überdachter Außeneisfläche
in der Glockenturmstraße 14 (P 9) in 14053 Berlin,
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf

Eingeladener Kunstwettbewerb








Die Eissporthalle in der Glockenturmstrasse, der Ort an dem sich Sportvereine und Bürger auf dem Eis zum Trainieren und Erholen treffen, erhält ein
Zeichen, das den Prozess der Kristallisation von Wassers spiegelt.
Auf einem vierteiligen großen ‚Fenster’, das den Haupteingang zur Eissporthalle links flankiert, und als Display dient, wird das Wachstum von Eiskristallen simuliert. Gesteuert wird dieser Prozess durch das jeweilige Wetter, dass eine Wetterstation, die sich neben dem Display befindet, misst.

Der Entwurf respektiert das bestehende Gebäude und fügt lediglich im Eingangsbereich ein ‚Fenster’/ Display hinzu, das die Genese der Wasserkristallisation darstellt und damit wieder eine Brücke zur Funktion der Hallen schlägt.


Das Portal
Das Display im Eingangsbereich zur Eissporthalle, gegenüber den vier Fahnenmasten begleitet den Eingang und wird zu dessen Portal, es hebt die Eingangssituation hervor.

Das Fenster
Gleich den Fensterscheiben aus meiner Kindheit, auf denen sich im Winter die fantastischsten Landschaften aus Eisblumen abbildeten, ist das ‚Fenster’ hier vor der Eissporthalle, ebenso ein lebendiges und dynamisches Gemälde, das das Wachstum der Schneeflocke wiedergibt. Es zeigt die Entfaltung der Eiskristalle, die dem menschlichen Auge verborgen bleibt.
Die vier großen Gläser sind aus Schaltbarem Glass, oder stromleitendes PVB-Verbundglas, das in seinem ursprünglichen Aussehen transparent ist, das jedoch seine Transparenz verliert, wenn eine Stromspannung anliegt. Dieses Display ist in unterschiedlich kleine Segmente unterteilt, die durch die Wetterstation, die den Luftdruck, den Wassergehalt der Luft, die Temperatur und die Windstärke misst, gesteuert wird. In Abhängigkeit von diesen Komponenten wächst oder schrumpft die Schneeflocke, wird filigraner oder grober. Entscheidend ist dabei die Veränderung der einzelnen Komponenten, der jeweilige Wechsel von warm nach kalt oder umgekehrt. Das macht den Betrieb über das ganze Jahr möglich.
Für die dunkle Jahreszeit ist vorgesehen die auf dem Display erscheinenden Schneeflocken durch Leucht-LEDs zu illuminieren, was den Charakter des Ephemeren und Nichtgreifbaren noch verstärkt, da im Augenblick der Illumination das Glas als Körper schwindet. Die Leucht-LEDs werden nicht sichtbar im Rahmen untergebracht.
Das Schaltbare Glass wird in Einzelanfertigung bei der Schott AG in Mainz hergestellt und besteht aus Verbundsicherheitsglasscheiben(VSG), die mit zwei übereinanderliegenden LCD-Folien, einer Hellgrauen und einer Dunkelgrauen, in sandwichweise miteinander verklebt werden. Aufgedruckte Mikrolinien gewährleisten die konstante Stromversorgung der nichtleuchtenden Flüssigkristalldisplay (LCDs). Die VSG- Scheiben werden mit BackPlates (laminierte Edelstahlbleche) an einem Gerüst aus Edelstahl-Quadratrohr befestigt, das im Fundament verankert wird (siehe Schnitt). Dies gewährleistet eine spannungslose Befestigung der Gläser. Im Rahmen befindet sich die Stromkontaktierung für das Schaltbare Glas. Da für die Stromkontaktierung die Basisglasscheibe ohne Bohrlöcher auskommt, kann diese sehr gut im Außenbereich eingesetzt werden.

Die Wetterstation
Die Wetterstation misst die einzelnen Wetterkomponenten. Die so gewonnen Daten speisen einen Computer, der einen Algorithmus generiert, der die entstehende Schneeflocke wachsen oder schrumpfen lässt, der eine Vielzahl der verschiedensten Kombinationen und Wachstumsvarianten errechet.
Die Begegnung der unterschiedlichen atmosphärischen Bedingungen erzeugt die Einzigartigkeit einer Schneeflocke. Je komplexer die Bedingungen sind, desto differenzierter wächst der Kristall. Es ist dieser Prozess, der der Schneeflocke zu ihrer Schönheit verhilft.
Zur Wetterstation gibt es eine Box im Fundament, die die Steuereinheit beherbergt. Diese ist so gebaut das keinerlei Wasser eindringen kann und eine Belüftung gewährleistet wird. Die Box erhält eine Revisionsklappe, die einen Zugriff auf die Steuerung ermöglicht und das Eindringen von Feuchtigkeit verhindert.

Das ‚Fenster’ spiegelt die Freude an der kalten Jahreszeit, In diesem Sinne: Let it Snow.









Entwicklung einer Schneeflocke bei hoher Luftfeuchtigkeit


Fotos von Schneeflocken, Ukichiro Nakaya, 1936

Kurzer Exkurs über das Wachstum der Schneeflocke
Jedes Jahr fallen ungefähr 1.000.000.000.000.000.000.000.000 Schneeflocken auf die Erde (laut New Scientists), was wohl jenseits des Verständnisses liegt. Hat man diese Zahl vor Augen scheint es unwahrscheinlich zu glauben, dass es keine zwei identischen Schneeflocken gibt.
Schneekristalle entstehen, wenn sich Wassermoleküle bei Temperaturen unter 0 Grad Celsius fest zusammenpacken. Sie bilden sich in Wolken, wenn sehr kleine, unterkühlte Wassertröpfchen gefrieren oder sich Wasserdampf direkt an Partikel (Staub) anlagert und gefriert. Die unterschiedlichen Stammformen der Schneekristalle hängen von der Temperatur ab – bei tieferen Temperaturen bilden sich Plättchen oder Prismen aus, bei höheren Temperaturen sechsarmige Sterne. Auch die Luftfeuchtigkeit beeinflusst das Kristallwachstum. Die größte Komplexität der Schneekristalle zeigt sich bei einer hohen Luftfeuchtigkeit, da diese auch noch filigraneren Strukturen das Wachsen ermöglicht. Bei sehr niedrigen Temperaturen sind die Eiskristalle nicht nur kleiner und einfacher gebaut, sondern es schneit auch weniger als bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt, da die Luft dann kaum noch Feuchtigkeit enthält. Schnee ist wie Eis gefrorenes oder anders gesagt kristallisiertes Wasser. Und alle Eiskristalle haben sechs Seitenflächen. Sie bleiben jedoch kein strukturloses Hexagon. Sie wachsen zu außerordentlichen komplizierten Strukturen und sehen dabei so verschieden aus. Bei ihrer Bildung laufen starke gegensätzliche Prozesse ab, extremstes Chaos (unregelmäßige Muster von unglaublicher Vielfalt) und außerordentliche Ordnung (Symmetrie). Für den Menschen waren sie deshalb schon immer faszinierend.
In diesem Sinne sind sie Kunstwerke der Natur.


Danke für die Unterstützung von
David Griffeath
Stefan Pente
Iris Flügel

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