November 6 - December 18, 2021
extended until January 29, 2022
Galerie EIGEN + ART Leipzig
“Kolk”? This German word, which sounds like a fantasy, describes a condition in nature: a deep pit on a riverbank produced by stones tumbled by vortices in the water. Kai Schiemenz gave this paradoxically resonant and soundless term to his current exhibition in the Galerie EIGEN + ART Leipzig. The showing is an experimental field in which elaborated glass works named for crystals come together with rough concrete bodies. The title and the displayed sculptures are connected in that they refer to nature, and more precisely: to the soil and the spaces arising in and through it.
In the past months, Kai Schiemenz undertook a kind of archaeological excavation. Invited by the Center for Urbanistics in the course of the project “RE-TURN Skulpturenpark Berlin_Zentrum”, he dug holes in the area of the former no-man’s land beside the Berlin Wall in the city’s center; he poured concrete into the holes and extracted the castings from the earth. For decades, this strip was part of the city’s fallow surface, a prohibited zone. While excavating, Schiemenz sometimes found relics of the cellar walls of buildings long since vanished whose aboveground life was over more than half a century ago. Today this area is home to a well-to-do residential quarter that nonetheless does not appear much more alive. The coarse concrete structures that were lifted from these last empty spaces in the district now stand in the exhibition space. They tell a tale of their origin from (urban) nature; stones remain adhering to them, debris. They capture a site that no longer exists in this way. Because they exist, what is lost has a present.
Ausstellungsansicht Galerie Eigen + Art, Leipzig, Foto: Uwe Walter |
Ausstellungsansicht Galerie Eigen + Art, Leipzig, Foto: Uwe Walter |
The acerbity of the gray, porous concrete is juxtaposed in the exhibition with the cool edges of the polychrome glass works like “Beryll”, “Topaz”, and “Rotil”. The starting point for these works is Schiemenz’s fascination with crystalline forms, with geology in general. The forms and materialities of the crystal bodies built in the studio point to their models in nature and are simultaneously autonomous architectures, expressionistic constructions in space. As in his earlier work groups the “Steine” (stones), Schiemenz has transposed the crystal forms into glass in Bohemian manufactories. Their capacity to take up and reflect light constantly alters our perception of these actually unchanging bodies; they are subjected to seeming transformations. The interplay between the glass’s opacity and its transparence opens up a space in the sculptures’ interior and allows the viewers to lose their gaze in this visually indeterminate dimension.
Two strategies for making sculptures encounter each other when the concrete forms and the glass sculptures are viewed together: the former result from a negative form, through casting in a hollow space; the latter from a positive form, through the construction of an object and its molding, in this case by a crafts workshop. Common to both work processes in Schiemenz’s method is the loss of control, the unconditional play with chance. Here, form and space arise. In the encounter among the sculptures, a new space results, a kind of park with earthy and crystal forms. A new nature is created.
Dr. Elisa Tamaschke
Translation by Mitch Cohen
„Kolk“? Dieses deutsche Wort, das wie ein Hirngespinst klingt, beschreibt einen Zustand in der Natur: eine tiefe Grube an einem Flussufer, die durch Steine entsteht, die von Wasserwirbeln umgeworfen werden. Kai Schiemenz hat diesen paradox klingenden und klanglosen Begriff für seine aktuelle Ausstellung in der Galerie EIGEN + ART Leipzig gewählt. Die Schau ist ein Experimentierfeld, in dem ausgearbeitete Glasarbeiten, die nach Kristallen benannt sind, mit rauen Betonkörpern zusammenkommen. Der Titel und die gezeigten Skulpturen sind insofern verbunden, als sie sich auf die Natur beziehen, genauer: auf den Boden und die in und durch ihn entstehenden Räume.
Ausstellungsansicht Galerie Eigen + Art, Leipzig, Foto: Uwe Walter |
Ausstellungsansicht Galerie Eigen + Art, Leipzig, Foto: Uwe Walter |
Kai Schiemenz hat in den vergangenen Monaten eine Art archäologische Ausgrabung unternommen. Auf Einladung des Zentrums für Urbanistik im Rahmen des Projekts „RE-TURN Skulpturenpark Berlin_Zentrum“ grub er im Bereich des ehemaligen Niemandslands neben der Berliner Mauer in der Mitte der Stadt Löcher, goss Beton in die Löcher und holte die Abdrücke aus der Erde. Dieser Streifen war jahrzehntelang Teil der städtischen Brachfläche, einer Sperrzone. Bei seinen Ausgrabungen stieß Schiemenz manchmal auf Reste von Kellerwänden längst verschwundener Gebäude, deren oberirdisches Leben vor mehr als einem halben Jahrhundert zu Ende ging. Heute befindet sich in diesem Gebiet ein wohlhabendes Wohnviertel, das jedoch nicht viel lebendiger wirkt. Die groben Betonkonstruktionen, die aus diesen letzten Leerstellen des Viertels gehoben wurden, stehen nun im Ausstellungsraum. Sie erzählen von ihrer Herkunft aus der (städtischen) Natur, Steine bleiben an ihnen haften, Trümmer. Sie halten einen Ort fest, den es so nicht mehr gibt. Weil sie existieren, hat das, was verloren ist, eine Gegenwart.
Die Schärfe des grauen, porösen Betons wird in der Ausstellung mit den kühlen Kanten der polychromen Glasarbeiten wie „Beryll“, „Topaz“ und „Rotil“ kontrastiert. Ausgangspunkt für diese Arbeiten ist Schiemenz‘ Faszination für kristalline Formen, für die Geologie im Allgemeinen. Die Formen und Materialitäten der im Atelier gebauten Kristallkörper verweisen auf ihre Vorbilder in der Natur und sind zugleich autonome Architekturen, expressionistische Konstruktionen im Raum. Wie in seinen früheren Werkgruppen, den „Steinen“, hat Schiemenz die Kristallformen in böhmischen Manufakturen in Glas umgesetzt. Ihre Fähigkeit, Licht aufzunehmen und zu reflektieren, verändert ständig die Wahrnehmung dieser eigentlich unveränderlichen Körper; sie sind scheinbaren Verwandlungen unterworfen. Das Wechselspiel zwischen der Opazität und der Transparenz des Glases öffnet einen Raum im Inneren der Skulpturen und erlaubt es dem Betrachter, seinen Blick in dieser visuell unbestimmten Dimension zu verlieren.
Bei der gemeinsamen Betrachtung der Betonformen und der Glasskulpturen treffen zwei Strategien der Skulpturenherstellung aufeinander: Erstere entstehen aus einer Negativform, durch das Gießen in einen Hohlraum, letztere aus einer Positivform, durch die Konstruktion eines Objekts und dessen Abformung, in diesem Fall durch einen Handwerksbetrieb. Beiden Arbeitsprozessen gemeinsam ist in Schiemenz‘ Methode der Verlust der Kontrolle, das unbedingte Spiel mit dem Zufall. Hier entstehen Form und Raum. In der Begegnung der Skulpturen entsteht ein neuer Raum, eine Art Park mit erdigen und kristallinen Formen. Eine neue Natur wird geschaffen. (Dr. Elisa Tamaschke)
https://eigen-art.com/en/artists/kai-schiemenz/works/works/ https://dailyartfair.com/exhibition/13547/kai-schiemenz-galerie-eigen-art
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